Wer die Idee der „Continuing Bonds“ geprägt hat
Wenn wir heute von fortbestehenden Bindungen sprechen – also davon, dass die Beziehung zu einem verstorbenen Kind (Sternenkind) weiterlebt –, dann stehen im Hintergrund drei Namen: Dennis Klass, Phyllis R. Silverman und Steven L. Nickman. In den 1990er-Jahren haben sie das Denken über Trauer einmal auf links gedreht. Ihr gemeinsames Standardwerk „Continuing Bonds: New Understandings of Grief“ erschien 1996 und brachte eine einfache, aber revolutionäre Botschaft auf den Punkt: Der Tod beendet ein Leben, aber nicht die soziale Beziehung.
Dennis Klass
Religions- und Trauerforscher aus St. Louis, kam aus der Praxis mit verwaisten Eltern und aus kulturanthropologischen Beobachtungen. Er hat gezeigt, wie stark Rituale, Symbole und Alltagsgegenstände als „Verbindungsglieder“ wirken. Vom eingerahmten Ultraschallbild über die Kerze am Abend bis zur kleinen Ecke zu Hause, an der das Kind spürbar „dazu“ gehört.
Phyllis R. Silverman
Sozialarbeits- und Trauerforscherin aus dem Harvard-Umfeld, brachte die Familien- und Versorgungsperspektive hinein. Trauer ist Beziehungsgeschehen – sie wird leichter, wenn sie geteilt und sozial gestützt wird.
Steven L. Nickman
Kinder- und Jugendpsychiater, machte deutlich, wie Kinder und Eltern inneren Kontakt zu Verstorbenen halten, ohne in der Vergangenheit stecken zu bleiben. Zusammen haben die drei eine Brücke geschlagen: weg vom alten Ideal der „Loslösung um jeden Preis“, hin zu einer beziehungsorientierten Trauer, in der die Liebe bleiben darf – nur ihre Form ändert sich. Für Sternenkinder-Eltern ist genau das der Gamechanger: Das Kind verschwindet nicht aus der Familie, es bekommt einen anderen Platz in ihr.
Was „Continuing Bonds“ im Alltag bedeutet – und warum das gesund ist
Klass, Silverman und Nickman haben nicht nur Theorie geliefert, sie haben beobachtet, wie trauernde Eltern tatsächlich leben. Fortbestehende Bindung zeigt sich unspektakulär und doch kraftvoll. Ein fester Ort mit Foto und Kerze, ein Name, der ausgesprochen wird, ein kleines Ritual zum Geburts- oder Todestag, ein Tagebuch, eine Kette – manchmal auch ein Tattoo. Psychologisch ist das kein „Festhalten“, sondern Bindungsarbeit. Das Gehirn lernt, die Beziehung von außen nach innen zu verlagern. Neurowissenschaftlich passt das zu dem, was wir über Bindung wissen: Systeme, die durch Schwangerschaft, Geburt und Fürsorge vorbereitet sind, lassen sich nicht einfach „abstellen“. Die Beziehung will neu organisiert, nicht abgeschnitten werden. Genau hier liegt die Kraft der Continuing Bonds. Sie geben der Liebe eine Form, die tragbar ist – und sie öffnen die Hand für den Alltag, statt sie krampfhaft geschlossen zu halten.
Fortbestehende Bindung nach dem Verlust eines Sternenkindes
Eine stille Geburt zerreißt den roten Faden der Biografie. Eltern erleben in Stunden oder sogar Minuten, wie Gewissheiten verschwinden. Der Name, der schon auf Zunge und Zettel lag; die Bilder eines ersten Spaziergangs im Kinderwagen; die Rollen, die man innerlich längst bezogen hatte. Gleichzeitig läuft das Leben weiter und verlangt nach Entscheidungen, Formularen, Körperpflege, Essen, Schlaf, nach Gesprächen mit Ärztinnen und Ämtern. In dieser paradoxen Gleichzeitigkeit liegt keine Schwäche, sondern die Realität menschlicher Trauer. Die Perspektive der Continuing Bonds gibt dafür eine tragfähige Sprache. Der Tod beendet das Leben des Kindes – nicht die Beziehung der Eltern zu ihm. Liebe bleibt. Was sich wandelt, ist die Form, in der diese Liebe gelebt wird. Diese Sicht entlastet, weil sie das innere Erleben verwaister Mütter und Väter ernst nimmt und gleichzeitig erklärt, warum die Bindung so hartnäckig präsent ist: psychologisch, neurobiologisch und biografisch.
Von der Loslösung zur Integration: warum „Abschließen“ nicht funktioniert
Über Jahrzehnte prägte die Idee, Trauer müsse vor allem lösen und verabschieden. Das stammt aus einer Zeit, in der psychische Gesundheit oft mit „Funktionsfähigkeit“ gleichgesetzt wurde. Doch der Körper und die Psyche funktionieren anders. Menschen sind beziehungsorientierte Wesen; unser inneres Arbeitsmodell speichert Verbundenheit als Teil der Identität. J. William Wordens Traueraufgaben machten bereits eine Wende sichtbar. Neben Anerkennen, Fühlen und Anpassen nennt er ausdrücklich die bleibende Verbindung als Aufgabe – nicht als Störung. Die Continuing-Bonds-Perspektive geht einen Schritt weiter. Sie betrachtet die fortbestehende Beziehung nicht als finale Stufe, wenn alles „durch“ ist, sondern als Leitmotiv des gesamten Prozesses. Trauer verläuft nicht wie eine Treppe nach oben, sondern wie ein Fluss mit Armen, der mal näher ans Ufer der Erinnerung, mal näher ans Ufer des Alltags schwappt. In dieser Bewegung kann Integration gelingen. Die Beziehung bleibt, und das Leben gewinnt wieder Tritt.
Warum das Herz festhält: Bindung als Programm von Gehirn und Körper
Bindung ist keine Entscheidungsliste, sondern ein biologisches Programm. In Schwangerschaft und frühem Elternsein bauen sich im Nervensystem Bindungsnetzwerke auf. Oxytocin fördert Nähe und Beruhigung; dopaminerge Belohnungssysteme (u. a. Nucleus Accumbens) markieren die Erwartung gemeinsamer Zukunft; sensorische und emotionale Gedächtnisse verknüpfen Tritte, Ultraschallbilder, Nestbau, Namen, Gespräche, Gerüche. Diese Netzwerke verschwinden nicht mit der Todesnachricht. Sie bleiben reizoffen – und genau deshalb kommt es zu Sehnsucht, zu inneren Dialogen, zu Träumen, zu Körperreaktionen wie Milchfluss nach der Geburt oder „Phantomkicks“ im Wochenbett, obwohl das Kind nicht mehr da ist. Die Vorhersageapparate des Gehirns (Default-Mode-Netzwerk, Hippocampus-basierte Erinnerungskonstruktion) sind weiterhin auf „mit Kind“ kalibriert; jede Abweichung davon erzeugt einen schmerzhaften Prediction-Error, der als Leere, Druck auf der Brust, Unwirklichkeitsgefühl erlebt wird. Trauer ist der Vorgang, mit dem dieses Modell neu geschaltet wird: nicht auf „ohne Kind“, sondern auf „mit Kind – in anderer Form“.
Parallel läuft die Stressphysiologie. Die Nachricht katapultiert das autonome Nervensystem in Alarm. Sympathische Hochfahrt zeigt sich als innere Unruhe, Schlafstörung, Grübelzwang; wenn Überforderung zu groß wird, greift der dorsale Vagus als Notbremse – Taubheit, Erstarrung, das Gefühl, „wie hinter Glas“ zu sein. Das Window of Tolerance verengt sich. Hier ist die Dosislogik wichtig. Das Duale Prozessmodell beschreibt das Pendeln zwischen Verlustnähe (Erinnern, Weinen, Bedeutungsarbeit) und Wiederherstellung (essen, schlafen, bewegen, organisieren). Dieses Pendeln hält das System regulierbar. Genau darin wachsen Continuing Bonds stabil. Nicht als Dauerbad im Schmerz, aber auch nicht als Einfrieren. Nähe – Pause – Nähe – Pause: So lernt das Nervensystem neu.
Wie fortbestehende Bindung aussieht: innen, zwischen Menschen und im Symbolischen
Fortbestehende Bindung ist vielgestaltig. Innen zeigt sie sich als Zwiegespräche mit dem Sternenkind, als kurze Wellen von Wärme oder Weinen, als inneres Wissen, dass dieser Mensch zur Familie gehört. Zwischen Menschen zeigt sie sich in Sprache. Im Aussprechen des Namens; in der bewussten Entscheidung, Geschwistern vom verstorbenen Kind zu erzählen; in Familienregeln, die nichts ausradieren, sondern benennen („Bei uns bleibt niemand ungenannt“). Symbolisch zeigt sie sich in Erinnerungsorten zu Hause, in Kerzen, Hand- und Fußabdrücken, in Schmuck, in einem Baum, in einem Tattoo, in einem Foto- oder Briefalbum, in digital kuratierten Erinnerungsräumen. Diese Formen wirken, weil sie Sinneskanäle erden, Blick, Berührung, Geruch, Klang. Der Körper bekommt wiederholbare Marker: „Hier ist Verbindung. Ich darf atmen.“ Dadurch sinkt Übererregung, ohne dass Erinnerung entwertet wird.
Gerade bei Sternenkindern sind solche Marker bedeutsam, weil die äußere Biografie oft kurz war, die innere Bindung aber intensiv. Viele Eltern berichten, wie tröstlich es ist, morgens die Hand aufs Herz zu legen, den Namen leise zu sagen, eine Kerze zu entzünden, ein Kleidungsstück zu halten, einen Brief zu schreiben. Es sind kleine, wiederholbare Rituale, die die Beziehung sichtbar machen und den Wechsel zurück in den Alltag erleichtern. Wenn die Liebe gesichert ist, darf das System ruhen.
Unsichtbarkeit und sekundäre Verletzungen: warum Anerkennung Regulation ist
Perinatale Verluste sind häufig unsichtbar. Es gab vielleicht keine Jahre voller Fotos, keine Klassenkamerad*innen, keinen Arbeitsplatz, der mitleidet. Hinzu kommen gut gemeinte Sätze wie „Ihr seid noch jung“ oder „Beim nächsten Mal…“. Für das Nervensystem sind solche Botschaften gefährlich! Sie entwerten die Gegenwart, schieben Trauer in eine hypothetische Zukunft und erzeugen Scham. Fachlich spricht man von disenfranchised grief – Trauer, der die gesellschaftliche Legitimation fehlt – und von sekundärer Traumatisierung durch entwertende Reaktionen. Der Gegenimpuls ist einfach und hochwirksam: klare, knappe Anerkennung („Euer Kind ist gestorben. Es tut mir leid.“), Bereitschaft zuzuhören, das Sagen des Namens, Hilfe im Alltag ohne Belehrung. Anerkennung wirkt neurobiologisch wie Ko-Regulation. Sie beruhigt Spiegelneuronen- und Bindungssysteme, weitet das Window of Tolerance und stärkt den Mut, die Beziehung bewusst zu halten.
Partnerschaft, Geschwister, Herkunftsfamilie: Bindung ist Systemarbeit
Trauer bewegt nie nur eine Person. In Partnerschaften tritt häufig Asynchronität auf. Eine Person neigt zur Verlustnähe, die andere hält intuitiv den Alltag. Das ist kein Widerspruch, sondern komplementäre Regulation. Konflikt entsteht, wenn diese Bewegungen als „falsch“ etikettiert werden. Hilfreich ist ein ausgesprochenes Beziehungsabkommen. Wann erinnern wir bewusst? Wie benennen wir unser Kind? Wie erlauben wir Pausen, ohne sie als Verrat zu erleben? Solche Vereinbarungen verwandeln Pendeln in Teamarbeit und schützen vor dem „doppelten Bruch“ – dem Verlust des Kindes plus dem Verlust von Halt.
Geschwister profitieren, wenn das Sternenkind kindgerecht in die Familiengeschichte integriert wird. Das stärkt Kohärenz („bei uns wird nichts ausgelöscht“), reduziert diffuse Ängste und erlaubt gesunde Neugier. Großeltern und Freundeskreis können tragen, wenn sie die Beziehungslogik mitvollziehen: weniger Ratschlag, mehr Dasein; praktische Entlastung an schweren Tagen; klare Bereitschaft, den Namen zu hören und mitzuhalten.
Lebenslauf der Bindung: Jahrestage, nachfolgende Schwangerschaft, Sexualität und Identität
Fortbestehende Bindung verändert sich mit den Jahren, ohne zu verblassen. Jahrestage bleiben markant – nicht als Rückfälle, sondern als ritualisierte Zyklen. Viele Eltern richten sich daran aus, planen bewusst, wie sie erinnern möchten, und bauen danach Mini-Erholung ein. In einer Folgeschwangerschaft werden alte Alarmkreise häufig reaktiviert; die Bindung zum verstorbenen Kind kann dann Ressource sein, wenn sie benannt und geehrt wird. Ein Brief an das erste Kind, ein Erinnerungsstück im Klinikkoffer, eine klare Verortung in der Geschwisterreihe.
Intimität braucht oft eine neue Sprache. Körperliche Nähe ist nach perinatalen Verlusten nicht selten mit medizinischen Bildern, Scham oder Schuld verknüpft. Wenn die Beziehung zum Sternenkind bewusst gehalten wird, fällt es leichter, Sexualität als zusätzlich – nicht als Ersatz – zu erleben. Identitär gilt: Viele Eltern formulieren neu, was „Mutter“ oder „Vater“ für sie bedeutet. Der Satz „Ich bin trotzdem Mama/Papa“ ist kein Wunschdenken, sondern Identitätsarbeit im besten Sinn. Er stabilisiert Selbstbild und Zukunftsmut.
Therapeutische Umsetzung: Beziehung schützen, Dosis steuern, Bedeutung bauen
Gute Begleitung repariert nicht, sie rahmt. Sie lädt zum Erzählen ein, damit das Kind einen sichtbaren Platz in der Biografie bekommt; sie unterstützt beim Entwickeln kleiner Rituale, die wiederholbar sind und den Körper beruhigen; sie fördert Meaning Reconstruction. Welche Werte wollen wir in Erinnerung leben? Welche Projekte, welche Gesten, welche Sprache passen zu uns? Wenn belastende Bilder dominieren, kommen traumasensible Verfahren hinzu (Stabilisierung, EMDR, Körperorientierung) – stets so dosiert, dass Nähe tragfähig bleibt. Nach jeder intensiveren Annäherung braucht es Nachsorge: Tee, Wärme, kurze Bewegung, Kontakt zu einem sicheren Menschen, Schlafhygiene. So lernt das System, dass es Wege hin und zurück gibt.
In der Praxis bewährt sich ein Tagesfaden mit zwei bis drei bewusst gesetzten Mikromomenten. Morgens eine Minute Hand aufs Herz und den Namen leise sagen, mittags eine kurze Dosis Erinnerung (Foto ansehen, zwei Sätze schreiben), abends eine Kerze oder ein Gebet – dazwischen Essen, Arbeit, Spazieren, Duschen, Serie, Lachen. Das ist keine Kälte, sondern Pflege der Bindung und des Körpers zugleich.
Risiken und Grenzen: wenn Liebe zum Käfig wird – und wie sie wieder zur Brücke wird
Problematisch wird es, wenn die innere Beziehung alle Lebensbereiche blockiert. Wo über Wochen kein Schlaf gelingt, Appetit ausfällt, Arbeit und Beziehungen kollabieren, nur noch Vermeidung oder Daueralarm möglich sind. Dann droht eine anhaltende Trauerstörung; professionelle Hilfe ist Hygiene, nicht Niederlage. Auch überlebhafte Imaginationen, die den Alltag ersetzen („Ich tue so, als wäre mein Kind in jedem Moment real anwesend“), können in die Sackgasse führen. Ziel ist nicht das Verbot innerer Begegnungen, sondern ihre Einbettung: Die Beziehung bekommt einen guten Ort – in Werten, Ritualen, Projekten, Worten –, damit sie trägt, statt zu fesseln. Das Leitsignal lautet: Die Liebe bleibt; die Form wird lebensdienlich.
Verzahnung mit dem Dualen Prozess und J. William Wordens Aufgaben: Rhythmus statt Rezept
Continuing Bonds entfaltet seine Kraft im Rhythmus des Dualen Prozessmodells. Nähe und Pause wechseln einander ab und halten das Nervensystem regulierbar. In diesem Rhythmus lassen sich J. William Wordens Aufgaben immer wieder neu vollziehen. Die Realität anerkennen, den Schmerz fühlen, sich im Alltag zurechtfinden und die dauerhafte Verbindung gestalten. Nichts davon geschieht ein für alle Mal, nichts muss „perfekt“ sein. Heilung zeigt sich nicht als linearer Fortschritt, sondern als wachsende Beweglichkeit. Man kann tiefer erinnern, ohne zu versinken; man kann weiterleben, ohne zu verraten.
Gesellschaftlicher Auftrag: Räume für Beziehung statt Schweigen
Die Continuing Bonds sind nicht nur ein persönliches Konzept, sondern ein kultureller Auftrag. Kliniken, Gemeinden, Arbeitgeber und Freundeskreise können Rahmen schaffen, in denen die Beziehung zum Sternenkind ausgesprochen und markiert wird. Namensnennung und Würdigung im Krankenhaus; Erinnerungsboxen, Abschiedsrituale, Sammelbestattungen mit würdigem Rahmen; flexible Arbeitsregelungen an sensiblen Tagen; verständige Sprache statt Phrasen. Je sichtbarer dieser Umgang, desto geringer die sekundäre Verletzung – und desto leichter gelingt das Pendeln zwischen Erinnerung und Alltag. Eine Gesellschaft, die sagen kann: „Dieses Kind gehört zu euch und zu uns“, ist eine Gesellschaft, die Nervensysteme beruhigt und Familien stärkt.
Was bleibt: Die Liebe nimmt eine andere Form an
Die Beziehung zum Sternenkind bleibt Teil der Familie. Sie wandert vom Außen ins Innen, von der Zukunftserwartung in die gelebte Bedeutung: als Name, als Kerze, als Jahresritual, als Wert, als Haltung, als Projekt, als stiller Satz vor dem Einschlafen. Wer diese Logik annimmt, verliert den Druck, „fertig werden“ zu müssen, und gewinnt die Freiheit, das Leben neu zu gestalten – nicht trotz, sondern mit dem Kind im Herzen. Genau darin liegt Integration. Die Liebe bleibt. Der Alltag findet wieder Tritt. Und beides darf nebeneinander stehen, ohne sich zu entwerten.
FAQ – Continuing Bonds: Liebe bleibt in neuer Form
Kurze Antworten zum Alltag mit fortbestehender Bindung. Nimm dir nur das, was heute passt – in kleinen, machbaren Schritten.
Die Beziehung endet nicht mit dem Tod. Sie verändert ihre Form – von äußerer Nähe zu innerer Verbundenheit: Name, Erinnerung, kleine Rituale, Werte im Alltag.
Loslassen meint oft: „nichts mehr fühlen“. Continuing Bonds heißt: fühlen – und leben. Die Liebe darf bleiben, ohne dass der Alltag stehen bleibt.
Gesund ist, wenn Nähe dich reguliert: längere Ausatmung, ruhiger Blick, mehr Alltag. Ungesund ist es, wenn Grübeln endlos wird, Schlaf/Beziehungen leiden oder du nur noch vermeidest.
Kurz und wiederholbar: ein Satz, eine Kerze für fünf Minuten, ein Foto anschauen, dann bewusst schließen (Fenster lüften, Tee, kurzer Gang). Körpermarker sind Kompass, nicht Kalender.
Der Name morgens/leise, eine Karte im Geldbeutel, eine kurze Runde draußen, eine Erinnerungskiste, ein Ort zu Hause, eine wiederkehrende Musik. Dosis vor Tiefe.
Antwort in zwei Sätzen: „Ich lasse nicht los – ich binde anders. Das hilft mir, den Alltag zu schaffen.“ Grenze setzen, Gespräch beenden dürfen.
Unterschied ist erlaubt, Verbundenheit ist Pflicht. Vereinbart geteilte Mini-Rituale (z. B. abends zwei Sätze), daneben eigene Wege. Kein „richtig/falsch“ – nur „funktioniert/nicht“.
Sichtbar werden: „Ich bin traurig, und heute erledige ich …“. Ein fester Ort, dieselbe kurze Runde, ein Morgen- und Abendsatz. Organisation ist Fürsorge – plus Sprache.
Einfach und wahr: „Unser Baby ist gestorben – wir bleiben verbunden.“ Ein kleines Mit-Ritual (Kerze, Bild, Stein) und wiederkehrende Fragen erlauben.
Ja – vom stillen Gedenken bis zu Gedenktagen. Wichtig ist Passung: Es soll beruhigen, nicht überfordern. Kleine, wiederholbare Formen tragen am weitesten.
Beides ist richtig. Wenn öffentlich, dann nach einer Nacht Schlaf und mit Grenzen. Privat bleiben ist genauso würdig.
Nenne dein Ritual, überprüfe Wirkung (Atmung, Schlaf, Spannung), vereinbare Dosis und Rückweg. Trauerarbeit = Beziehung schützen, Sicherheit vor Tiefe.
Vorweg planen: kurzer Einstieg in Nähe (Name), Atmen, Zeitfenster, Schließen, etwas Nährendes. Begleitung mitnehmen, wenn’s groß wird.
Wenn du kaum noch schläfst, Beziehungen meidest, Arbeit nicht mehr greifbar ist oder du dich selbst erschreckst. Dann bitte fachliche Hilfe – das ist Schutz, kein Urteil.
Kleine, feste Zeiten für Nähe zum Sternenkind, danach bewusst zum Alltag wechseln. Frühe Kontrollen, klare Absprachen, ein „Sicherheits-Plan“ beruhigt das System.
Jeden Abend: Name – drei lange Ausatmungen – ein Satz: „Du gehörst zu uns.“ Kerze löschen, Tee, kurz ans Fenster: schließen. Klein, wahr, wiederholbar.